(Berlin, 25. Mai 2005) Bei der Deutschen Bahn ist die Zeit der roten Zahlen vorbei. Im Geschäftsjahr 2004 hat der DB-Konzern – nach den in der Sanierungsphase bewusst in Kauf genommenen Verlusten der Jahre 2001 bis 2003 – wie geplant die Wende in die Gewinnzone geschafft: Basierend auf einer guten Umsatzentwicklung im Kerngeschäft und straffem Kostenmanagement wurde das Betriebliche Ergebnis nach Zinsen um 425 Millionen Euro verbessert und damit ein positives Ergebnis von 253 Millionen Euro erzielt.
„Erstmals in der Nachkriegsgeschichte hat die Bahn aus eigener Kraft einen Gewinn erzielt“, erklärte Vorstandsvorsitzender Hartmut Mehdorn auf der heutigen Bilanzpressekonferenz, „wir haben nicht nur den im Jahr 2000 eingeschlagenen Kurs in Richtung Wirtschaftlichkeit eingehalten, sondern gleichzeitig auch Service und Qualität für unsere Kunden deutlich gesteigert.“ Trotz widriger Markt- und Wettbewerbsbedingungen, so der Bahnchef, „kann die Bahn mittlerweile einen langjährigen positiven Track-Record vorweisen, der belegt, dass die Planung belastbar und das Unternehmen für die Stakeholder verlässlich ist“.
Der Konzernumsatz stieg 2004 auf vergleichbarer Basis um 4,1 Prozent auf 24 Milliarden Euro, nominal ging er um rund 15 Prozent zurück, weil zum Januar 2004 die nicht zum Kerngeschäft zählenden Aktivitäten Brenntag/ Interfer verkauft wurden. Der Außenumsatz wurde im Wesentlichen von den beiden Unternehmensbereichen Transport und Logistik (48 Prozent) und Personenverkehr (47 Prozent) erwirtschaftet. Hohe Wachstumsraten erzielten erneut die Unternehmensbereiche Personenbahnhöfe und Fahrweg, die von der weiter steigenden Nachfrage konzernfremder Kunden profitierten.
Zur Verbesserung des Betrieblichen Ergebnisses nach Zinsen trugen vor allem verringerte Verluste im Bereich Fahrweg und – nach umfassenden Maßnahmen – auch im Geschäftsfeld Fernverkehr bei, so dass der Unternehmensbereich Personenverkehr insgesamt seinen Ergebnisbeitrag steigern konnte. Positiv entwickelten sich auch die Bereiche Personenbahnhöfe und Dienstleistungen, während die gute Entwicklung von Schenker im Unternehmensbereich Transport und Logistik durch einen Ergebnisrückgang von Railion überlagert wurde.
Das für den langjährigen Vergleich der operativen Verbesserungen maßgebliche Betriebliche Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) konnte um 417 auf 3.509 Millionen Euro gesteigert werden. Den Effizienzfortschritt im Kernbereich Schiene zeigt ein weiterer Produktivitätszuwachs um neun Prozent.
Die Brutto-Investitionen lagen mit 7,2 Milliarden Euro erneut auf hohem Niveau, unterschritten jedoch um rund 20 Prozent den Vorjahreswert von 9,1 Milliarden Euro. Maßgeblich hierfür waren die verringerten Bundesmittel für Infrastrukturinvestitionen. Im Geschäftsjahr 2004 hat der DB-Konzern erneut auf hohem Niveau Eigenmittel in die Infrastruktur investiert. Die Investitionen führten zu einem weiteren Anwachsen des Sachanlagevermögens auf 39,8 Milliarden Euro. Hingegen sank die Bilanzsumme leicht um 2,7 Prozent auf 46,3 Milliarden Euro, da vor allem aus dem Verkauf Brenntag/Interfer eine deutliche Reduktion des Umlaufvermögens von 6,1 Milliarden Euro auf 4,7 Milliarden Euro resultierte.
Auf der Passivseite stieg ergebnisbedingt das Eigenkapital auf 5,3 Milliarden Euro. Die zinspflichtigen Verbindlichkeiten wuchsen um 1,3 auf 14 Milliarden Euro. Der Anstieg hängt dabei vor allem mit der vorzeitigen Tilgung langfristiger zinsloser Darlehen des Bundes aus der Infrastrukturfinanzierung zusammen, die im Geschäftsjahr zum Barwert von 1,05 Milliarden Euro unter Inanspruchnahme der Kapitalmärkte erfolgte. Die Liquidität lag zum Bilanzstichtag mit 0,7 Milliarden Euro deutlich über dem Wert zum Vorjahresstichtag.
Finanzvorstand Diethelm Sack: „Neben der Steigerung der Ertragskraft liegt unser Augenmerk besonders auf dem strikten Monitoring und der Begrenzung der Verschuldung. Bereinigt um den Sondereffekt aus der Tilgung der zinslosen Darlehen lagen unsere Netto-Finanzschulden zum Bilanzstichtag unter dem Vorjahreswert.“ Auch die für das Wertmanagement wichtigen Kennziffern Return on Capital Employed (Roce), Tilgungsdeckung und Gearing verbesserten sich.
Starke Position auf den Mobilitäts- und Logistikmärkten
Angesichts des auch in 2004 schwachen konjunkturellen Umfelds haben sich die Verkehrsmärkte in Deutschland sehr verhalten entwickelt. Trotz des preisaggressiven Wettbewerbsumfelds im Personenverkehr konnte die Bahn die Verkehrsleistung auf der Schiene erneut um ein Prozent auf 70,3 Milliarden Personenkilometer (Pkm) steigern, während die Verkehrsleistung im Individualverkehr um 1,5 Prozent und hierdurch bedingt auch der Gesamtmarkt um ein Prozent rückläufig waren. Damit konnte der Verkehrsträger Schiene im fünften Jahr in Folge bei den Marktanteilen leicht zulegen. Auch das Busgeschäft des DB-Konzerns hat sich erneut positiv entwickelt.
Mit der deutlich höheren Pünktlichkeit, der gestiegenen Auslastung der Neubaustrecke Köln – Rhein/Main, dem erfolgreichen Start der schnellen Verbindung Hamburg – Berlin sowie preislich besonders attraktiven Angeboten hat sich die Bewertung der Bahn durch die Fahrgäste deutlich verbessert. „Wir konnten bisherige Kunden binden und neue Kreise erschließen. Mit steigender Verkehrsleistung und erfolgreich abgeschlossenen Bestellerverträgen im Regional- und Stadtverkehr ist der Personenverkehr auf gutem Weg“, sagte Bahnchef Mehdorn.
Der deutsche Güterverkehrsmarkt ist 2004 erneut gewachsen. Bedingt durch Sondereffekte im Vorjahresvergleich konnte sich die Binnenschifffahrt mit plus 9,5 Prozent am deutlichsten steigern. Der Straßengüterverkehr legte um fünf Prozent zu, für den Gesamtmarkt ergab sich ein Wachstum von rund sechs Prozent. Die Railion Deutschland AG steigerte die Verkehrsleistung um fünf Prozent auf 77,6 Milliarden Tonnenkilometer (tkm) und konnte ihren Marktanteil stabilisieren. Einschließlich Railion Nederland N.V. und Railion Danmark A/S konnte Railion eine Verkehrsleistung von 84 Milliarden Tonnenkilometer und damit einen Anstieg um 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr erzielen. Anders als die Leistungsentwicklung waren die spezifischen Erlöse durch den vor allem vom Straßengüterverkehr ausgehenden Preisdruck deutlich rückläufig, was zu Umsatz- und Ergebnisrückgängen bei Railion Deutschland führte. Gegensteuerungsmaßnahmen bei Kosten, Umsatz und Qualität wurden eingeleitet.
Mehdorn: „Der Verkehrsleistungszuwachs im Schienengüterverkehr zeigt die Möglichkeiten der Schiene auf. Allerdings beobachten wir den Gesamtmarkt mit großer Sorge: Die Entwicklungen im Straßengüterverkehr gerade auch nach der EU-Osterweiterung sowie die unterschiedlichen Rahmenbedingungen für die einzelnen Verkehrsträger lassen einen fairen Wettbewerb nicht zu. Gerade weil wir in unserem Konzernportfolio breit aufgestellt sind, machen wir hier deutliche Fragezeichen bezüglich zielführender, vergleichbarer Wettbewerbsbedingungen. Es geht um steuerliche Belastungen, Sozial- und Sicherheitsstandards, aber auch um Fragen der Umweltbeeinträchtigung und Belastung mit Infrastrukturkosten. Wir sehen uns als Unternehmen, aber auch die Verkehrspolitik, hier vor Herausforderungen, die Richtungsentscheidungen verlangen.“
Die Entwicklung des international tätigen Logistik-Dienstleisters Schenker war 2004 ausgesprochen positiv. Mit einem Umsatzbeitrag von erstmals mehr als acht Milliarden Euro und einem Betrieblichen Ergebnis nach Zinsen von 193 Millionen Euro leistete Schenker erneut einen deutlichen Beitrag zum Konzernergebnis. Mit der führenden Position von Schenker auf den internationalen Güterverkehrs- und Logistikmärkten sowie dem stabilen Ergebnisbeitrag bestätigt sich die nachhaltige Stärkung des Konzernportfolios durch die 2002 erfolgte Akquisition.
Kontinuierliche Verbesserung seit Beginn der Bahnreform
Der DB-Konzern entwickelt sich zügig zum international aufgestellten Mobilitätsdienstleister. Hiervon profitiert das Eisenbahnsystem in Deutschland nachhaltig: Seit der Bahnreform 1994 hat die DB 86 Milliarden Euro in die Modernisierung investiert, Prozesse gestrafft und optimiert sowie Leistung und Service für die Kunden weiterentwickelt. Deutliche Verkehrsleistungs-Steigerungen sowie der funktionierende Wettbewerb auf dem deutschen Schienennetz stehen für den Erfolg der Bahnreform. So nutzten 2004 bereits etwa 290 konzernfremde Bahnen die diskriminierungsfrei bereit stehende Infrastruktur der DB AG.
Seit Anfang 1994 konnte die DB einen operativen Fortschritt von 5,5 Milliarden Euro, gemessen am Ebitda vor Altlastenerstattungen, sowie eine Produktivitätssteigerung im Bereich Schiene um 187 Prozent erzielen.
Operatives Ergebnis nach IFRS deutlich verbessert
Im Rahmen der Bilanzpressekonferenz stellte Finanzvorstand Diethelm Sack neben der wirtschaftlichen Entwicklung unter dem seit Beginn der Bahnreform angewendeten Rechnungslegungsstandard nach Handelsgesetzbuch (HGB) erstmals den Konzernabschluss nach den internationalen Vorschriften IFRS (International Financial Reporting Standards) vor. Mit der Umstellung sind trotz der in zahlreichen Details abweichenden Rechnungslegungsvorgaben keine Trendbrüche verbunden.
Erstes Quartal 2005 zufrieden stellend angelaufen
Mit dem ersten Quartal 2005 zeigte sich der Vorstand insgesamt zufrieden. Der Umsatz von 5,9 Milliarden Euro lag auf vergleichbarer Basis 3,9 Prozent über dem entsprechenden Wert des Vorjahres. Das Betriebliche Ergebnis nach Zinsen verbesserte sich um 44 Millionen Euro auf minus 38 Millionen Euro.
In einem erneut rückläufigen Personenverkehrsmarkt konnte der DB-Konzern die Verkehrsleistung auf der Schiene erneut um 0,7 Prozent auf 16,7 Milliarden Personenkilometer steigern. Im schwierigen Güterverkehrsmarkt startete die Railion Deutschland AG mit einem Rückgang der Verkehrsleistung um neun Prozent. Im Geschäftsfeld Railion lag die Verkehrsleistung mit 19,3 Milliarden Tonnenkilometern unter Einschluss der internationalen Aktivitäten insgesamt um 8,2 Prozent unter dem Wert des Vorjahreszeitraums. Zur Verbesserung der Wettbewerbsposition von Railion trägt das neue kostengünstigere Produktionssystem bei. Im Vertriebsbereich werden zusätzliche, auf spezielle Kundenbedürfnisse zugeschnittene Branchenprodukte angeboten. Der Logistik-Dienstleister Schenker als zweites großes Geschäftsfeld im Unternehmensbereich Transport und Logistik profitiert von guten konjunkturellen Rahmenbedingungen in den Märkten Asien, USA und Osteuropa und setzt seinen Erfolgskurs fort.
Als „echte Herausforderung“ bezeichnete Bahnchef Hartmut Mehdorn die Konjunktur- und Marktprognosen für den Heimatmarkt Deutschland: „Während wir mit Schenker international in prosperierenden Märkten wachsen können, zeigen die derzeit vorliegenden Einschätzungen der Wirtschaftsforschungsinstitute für unser Inlandsgeschäft schwierige Umfeldbedingungen. Wir müssen deshalb erneut vor allem auf eigene Verbesserungen und Effizienzsteigerungen setzen. Hierfür haben wir Ende 2004 unser Projekt ‚Qualify’ gestartet. Für 2005 streben wir weitere Zuwächse bei Umsatz und Ergebnis an.“